Rund um den Bolmen und die kleine Ortschaft Odensjö ranken sich viele Geschichten, in denen Odin eine Rolle spielt. Im Schwedischen ist sein Name Oden und „sjö“ steht im Schwedischen für See. So liegt es nahe, dass der Ort Odensjö seinen Namen von Odin bekommen hat.
Als einer der Haupt-Gottheiten in der nordischen Mythologie ist er in erster Linie als Kriegs- und Totengott bekannt. Er hatte die Fähigkeit, seine Gestalt zu verändern und so unerkannt auf der Erde zu wandeln. Er wird aber auch als ein Gott der Weisheit, Dichtung und Runen beschrieben und in manchen Erzählungen erscheint er als „Schürzenjäger“, der in Menschengestalt unerkannt durch die Welt wanderte und sich in hübsche Frauen verliebte. Dabei kam es natürlich immer wieder zu Verwicklungen.
Einiger dieser Geschichten rund um Odin und den Ort Odensjö hat Dieter Lenz aufgeschrieben und wer Lust hat, ein wenig zu stöbern und die dunklen Tage mit netten Geschichten am Kamin zu verbringen, der wird hier sicher fündig.
In der Odensjö-Sage geht es zum Beispiel darum, dass der See Bolmen seine unregelmäßige Form hat, weil er der Fußabdruck des Riesen Hergrim ist. Hergrim wurde herbeigerufen, weil es vermeidlich im Wald gebrannt hat. Dabei war es nur Odin in Form von Rauch, der sich einer hübschen Frau genähert hatte. Hergrim hat den Rauch – Odin – mit seinem großen Fuß ausgetreten und Odin brach vor Schmerz oder Wut in Tränen aus. Daraufhin füllte sich der Fußabdruck des Riesen mit Odins Tränen und der Bolmen war entstanden.
Mit ein wenig Fantasie klappt das sehr gut, wie ihr auf meiner großartigen Zeichnung seht. Dort wo der kleine Zeh einen Abdruck hinterlassen hat, liegt heute das Örtchen Odensjö. Aber lest gerne die ganze Geschichte über die Odensjö-Saga, sie ist einfach wundervoll.
Am Bolmen sind wir schon viel gewandert und ihr findet unzählige Berichte und Fotos über diese abwechslungsreiche Landschaft. Heute möchte ich euch von unserem Ausflug zu Odins Quelle berichten, zu der es natürlich auch eine alte Geschichte gibt.
Was hat es denn überhaupt mit Odins Quelle auf sich?
Odins Quelle ist eine Wasserstelle im Wald, an der ein kleines Flüsschen – ein Rinnsal – entspringt. Jeder Fluss hat ja einmal klein angefangen, soweit ist das sicher nichts Ungewöhnliches. Aber diese Quelle friert niemals zu. Auch im tiefsten Winter ist dieses Wasserloch eisfrei.
Das ist natürlich höchst ungewöhnlich. Die Winter bei uns lassen den Bolmen mit seiner Fläche von rund 180 km² und einem tiefsten Punkt von 37 m gefrieren, aber diese „Pfütze“ bleibt eisfrei?
Darüber ist dann eine Geschichte entstanden, in der Odin eine Rolle spielt. Dort heißt es, dass an der Quelle ein Auge von Odin vergraben liegt. Er wurde von einer Frau betrogen, die sein Auge dort im Wald vergraben hat. Das Wasser, was dort entspringt, sind die Tränen Odins und aus diesem Grunde friert die Stelle niemals zu. Die ganze Geschichte aus dem Stadthaus-Verlag findet ihr hier.
Ich liebe sowohl diese alten Sagen und Geschichten als auch die Art und Weise, wie die Schweden damit umgehen.
In anderen Ländern gebe es groß ausgeschilderte Wege, einen gebührenpflichtigen Parkplatz, Souvenirstände und was weiß ich nicht alles. Hier machen 95% der Touristen Urlaub und wissen nichts über diese geheimen Plätze. Sie sind einfach da und gehören zur Landschaft. Da muss man sich schon intensiv mit Land und Leuten beschäftigen und wissen, wo man suchen muss.
Ich möchte euch ja von unserem Ausflug zur Quelle berichten und damit geht es nach dem ganzen Vorgeplänkel jetzt auch endlich los:
Der Weg zur Quelle ist einfach und gut ausgeschildert. Von Odensjö sind wir in den Wald gegangen und dann einfach beim „Bankomat“-Schild rechts abgebogen – ganz einfach und gar nicht zu verfehlen.
Von dort ging es dann weiter bis zur eindeutigen und gut sichtbaren Markierung am Wegesrand.
Das alte Zahnrad weist für jeden verständlich und sofort ersichtlich den Weg auf einem Trampelpfand, hinein in den Wald. Jede Abzweigung ist wieder mit einem Zahnrad markiert, so kann man sich gar nicht verlaufen.
Und dann ist sie da plötzlich, Odins Quelle.
Nach Angaben alter Dokumente, die ich beim Recherchieren im Internet gefunden habe misst die Quelle 80 cm im Durchmesser und ist 35 cm tief, mit einem gepflasterten Boden und zu großen Teilen mit Moos überwuchert.
Das ist absolut zutreffend und in seiner Schlichtheit eigentlich total unspektakulär – wie so viele märchen- und sagenumwobenen Plätze in Schweden. Wer hier im Wald einen Eifelturm erwartet, das Kolosseum oder ähnliche Monumente, der ist in diesem Land fast immer falsch.
Wer aber bereit ist, sich einzulassen auf die Natur, auf die Mentalität und die Geschichte des Landes, der wird auch an diesen Orten das sehen, was sie sind – magische Plätze mit einer besonderen Atmosphäre.
Weil es eben doch etwas mit diesen Orten auf sich hat, was nicht zu messen ist mit Zollstock und Waage, sondern was man nur mit dem Herzen erfassen kann.
Eine besondere Stimmung, eine Art Magie, die diesen Orten innewohnt und die deshalb nicht umsonst Eingang gefunden haben in die Erzählungen am Kaminfeuer über viele Generationen hinweg.
Wir waren auf jeden Fall begeistert von unserem Ausflug zu Odins Quelle und auch wenn es nur eine kurze Wanderung war, so hatten Seven und ich doch einen wunderbaren Nachmittag zusammen.
Ich hoffe, euch hat unser Ausflug in die schwedische Märchenwelt gefallen und ihr seid gerne mit uns gekommen.