Am Donnerstag galt es, den 2.Wunsch unserer Scully-Haus Gäste zu erfüllen. Einen Tag vor der großen Mondfinsternis sind wir zu einer Nachtwanderung aufgebrochen.
Pünktlich zur verabredeten Zeit um 22.00 Uhr haben wir uns getroffen und sind direkt von Alfrida gestartet. Die Sonne war schon spektakulär untergegangen, aber es war trotzdem noch hell um die Zeit und der Vollmond war bereits deutlich am Himmel zu sehen.
An der Önne haben wir einen kleinen Stopp eingelegt, weil ich dachte, man könnte den Mond schön über dem Fluss sehen, aber da haben mir die hohen Bäume einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dann eben nicht! Wir sind dann auf der anderen Straßenseite in den Wald gegangen und haben das restliche Tageslicht genutzt, um auf einem Stückchen Singletrail zu erkennen, wo wir hintreten müssen.
Wieder auf einem breiteren Waldweg haben wir mit 2 Ferienhäusern fürs Erste die Zivilisation hinter uns gelassen und sind tapfer in den dunkler werdenden Wald marschiert. Die Welt hat langsam ihre Farbe verloren und allmählich wurde alles schwarz-weiß. Unwillkürlich haben wir angefangen zu flüstern. Viel mehr als tagsüber wird einem bei Nacht plötzlich klar, wie viel Lärm wir Menschen machen, wenn wir im Wald unterwegs sind: Die Kiesel auf dem Weg knirschen unter unseren Schritten, die Hosenbeine rascheln und der Karabiner der Hundeleine klirrt.
Das war natürlich nicht das, was ich meinen Gästen bieten wollte und nach kurzer Rücksprache sind wir dann abgebogen in einen kleineren Waldweg. Auch dieser Weg war im Dunkeln gut zu begehen, ist aber nicht mit Kies befestigt, sondern der ursprüngliche Waldboden mit Sand, Gras und Moos. So kamen wir leiser voran und das Mondlicht hat uns wie ein Scheinwerfer durch die Bäume immer wieder den Weg gewiesen.
Die alten Sagen, der frühere Aberglaube der Menschen, all das wird verständlicher, wenn man die Macht und den Zauber der Natur so unmittelbar erlebt.
Mein Plan war, dass wir uns am Ufer des Sees Bolmen hinsetzen und die Nacht auf uns wirken lassen. Meine zwei- und vierbeinigen Gäste sind mir tapfer ohne Licht durch die Dunkelheit gefolgt und dann sahen wir den Vollmond direkt über dem See leuchten. Durch den niedrigen Wasserstand aufgrund der anhaltenden Trockenheit konnten wir quasi im See sitzen. Dort, wo eigentlich das Wasser sein soll, ist zurzeit überall ein sehr breiter Strand.
Nachdem wir uns gemütlich niedergelassen hatten und selber keine Geräusche mehr gemacht haben konnte die schwedische Nacht voll auf uns wirken. Zu Anfang haben wir noch laute Stimmen gehört, die über den See schalten. Erschreckend, wie weit und laut das zu hören war. Dann wurde es still und so saßen wir dann, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, im Mondlicht. Die Wellen plätscherten leise an den Strand, die Fische schnappten nach nächtlichen Insekten, hinter uns raschelte eine kleine Maus und der Wind spielte leise mit den Blättern.
Wenn ihr jetzt die Augen schließt, könnt ihr vielleicht einen kleinen Augenblick mit uns zusammen am See sitzen.
Es waren verhältnismäßig wenig Sterne zu sehen, der Mond hat einfach alles überstrahlt. Neben dem riesigen Vollmond war noch ein weiterer Stern deutlich zu erkennen. Wir waren uns nicht sicher, ob es der Mars oder der Saturn ist. Dann zog die ISS ihre Bahn über den Himmel und unwillkürlich drängt sich der Gedanke auf „Und da oben sitzen jetzt Menschen drin…?“.
Schließlich war es Zeit wieder nach Hause zu gehen und so machten wir uns auf den Heimweg. Weiterhin ohne Licht ging es erst auf dem kleinen Waldweg zurück. Fast lautlos, nur unterbrochen durch das Knistern eines zertretenen Tannzapfens oder das Knacken eines Astes, suchten wir unseren Weg. Seven hat uns dabei wie eine kleine Laterne mit ihrem leuchtend weißen Schwanz den Weg gezeigt. Von unserem Waldweg ging es wieder auf den Kiesweg und dann auf einem Teerweg bis zu unserem Sandweg Richtung Alfrida.
Erstaunlich, wie warm es auch mitten in der Nacht noch war. Immer wieder hatten wir ein wenig kühlere Abschnitte im Wald, aber auch Strecken, wo sich die Wärme des Tages gesammelt hatte. Als wir dann auf den Teerweg kamen, war der Geruch der Straße fast erschlagend nach den Düften des Waldes und des Sees.
Wir Menschen sind doch sehr auf das Sehen fixiert und „übersehen“ dadurch oft unsere anderen Sinne. In der Nacht gleicht unserer Körper das selbständig aus und plötzlich wird Riechen und Hören viel dominanter in unserer Wahrnehmung. Das macht eine Nachtwanderung immer zu einem ganz besonderen Erlebnis.
Vielen Dank an euch Drei, dass ihr mir so tapfer durch die Nacht gefolgt seid und wir die ganze Strecke ohne Licht gemeistert haben. Es war wirklich ein ganz besonderer Abend, der nur uns gehörte, weil der Rest der Welt schon schlafen gegangen war.