Jeder, der uns schon mal im SchwedenParadies besucht hat wird jetzt sicher stutzen und sagen: „Önnekvarn, waren das nicht diese 3 Häuser an der Straße, kurz bevor links der Sandweg zum SchwedenParadies abgeht?“
Ja, stimmt genau. Es sind zwar 6 Häuser, aber nur 1 davon ist zurzeit dauerhaft bewohnt und das kleine unscheinbare Örtchen liegt ungefähr einen Kilometer Luftlinie südlich von uns, genau an der Grenze zwischen Kronobergs län und Hallands län.
Aber das spannende an Schweden, neben seiner Einsamkeit, den wunderschönen Wälder und unzähligen Seen, den dicken Moospolstern und den tollen Sonnenuntergängen, ist ja auch die Geschichte, die hier oft noch so lebendig und trotzdem unscheinbar erhalten geblieben ist.
Es sind nur 6 Häuser und man ist eigentlich schneller durchgefahren, als man überhaupt bemerkt hat, welchen spannenden Ort man gerade passiert hat.
Nehmen wir doch den Ortsnamen einmal auseinander: „Önne“ heißt der kleine Stichkanal, der durch den Ort und unter der Straße hindurchfließt. Er verbindet den höher gelegenen See Unnen auf der westlichen Seite mit dem tiefergelegenen See Bolmen auf der östlichen Seite. Das Wasser aus dem Unnen fließt hier also in den Bolmen.
Und „Kvarn“ ist schwedisch und bedeutet auf Deutsch „Mühle“. Früher wurden hier mit der Wasserkraft des Kanals Mühlenräder betrieben und es gab hier auch entsprechend eine Mühle.
Überhaupt war das früher ein sehr wichtiger Ort. Durch die Verbindung der beiden Seen hatte der Platz früher eine große Bedeutung für den Handel. Im Ort gab es neben der Mühle eine Färberei, eine Schmiede, eine Molkerei, ein Hobelwerk, einen Schuhmacher, einen Landhandel und eine Tanzdiele.
Und die Önne wurde schon sehr früh auch für die Produktion von Elektrizität genutzt, 1916 wurde ein Generator gebaut, der die Häuser mit Strom versorgt hat. Eine Sensation für die damalige Zeit.
Ein kleiner Generator für die Stromerzeugung war hier bis vor kurzem in Betrieb, mit dem Bau der Fischtreppe wurde der allerdings trockengelegt.
Aber mit am erstaunlichsten ist die Tatsache, dass es auf dem Unnen und Bolmen früher einen regen Dampfschiffs-Verkehr gegeben hat. Die Schiffe vom Unnen legten auf der einen Seite an, die Waren wurden über die Landenge getragen und die Passagiere mussten zu Fuß zum nächsten Schiff gehen. Auf der Seite des Bolmen führte ein Laufsteg auf eine kleine Insel, an der die Schiffe anlegten. Die Insel wurde „Little Amerika“ genannt, in Anlehnung an den Amerikakai in Göteborg.
In der 60-jährigen Dampfschiff-Epoche waren auf dem Bolmen bis zu 10 verschiedene Schiffe im Dienst. Unter anderem gab es eine Verbindung nach Piksborg, hier konnten die Waren auf die Eisenbahn verladen werden. Ihr findet auch mehrere Berichte und Bilder von dieser schönen alten Eisenbahnbrücke hier im Blog.
Und dann gibt es immer noch aktuell das Projekt „Önne Schleuse“, in dem seit 1885 (!) ein 600 m langer Kanal geplant wird, der die beiden Seen direkt für den Bootsverkehr verbinden soll. Hierfür wird aber eine Schleuse benötigt, um den Höhenunterschied auszugleichen… die Planung läuft.
Und ihr dachtet, es wären einfach nur ein paar alte Häuser, oder?
Wenn ihr also in eurem Urlaub nicht unbedingt den Eifelturm oder die Freiheitsstatue sehen müsst, dann hält Schweden eine fast unendliche Anzahl solcher Sehenswürdigkeiten für euch bereit – Herzlich willkommen.
So ein kleiner Ort und soviel Geschichte. In ein paar Wochen bin ich wieder selber vor Ort und freu mich auf die erste Abendrunde.
Klasse, ich mag es, und lese eure Informationen über die vielen kleinen verwunschenen Orte sehr gerne.
Hallo Dieter, danke für die Rückmeldung, ihr seid ja auch viel in den kleinen, geheimen Ecken rund um Bolmen und Unnen unterwegs. Freut mich, wenn dir meine Beiträge gefallen. LG Bärbel